„Max Jentzsch & Meerz” 1903-1961

Die Anfänge - 1903

Im Jahr 1903 gründeten der Leipziger Geschäftsmann Georg Max Jentzsch und der Mechaniker Adalbert Robert Paul Meerz in Leipzig-Gohlis Deutschlands erste Firma, welche sich vorwiegend dem Bau von Spiel- und Unterhaltungsautomaten widmete. Ihren Sitz hatte die Firma in den ersten Jahren in der Gohliser Straße 36 (heute Hausnummer 24a)(1).

Fabrikgebäude „Jentzsch & Meerz" 1903-1911
Rückseite der ehemaligen Automatenfabrik

„Jentzsch & Meerz“ übernahm zur Gründung die Räumlichkeiten, Maschinen und Mitarbeiter der kurz zuvor in den Konkurs gegangenen Automatenfirma „E.G.Lochmann & Co.“. Diese war bis zur Auflösung im Gebäude Gohliser Str. 36 ansässig. Lochmann meldete am 9. Januar 1903 Konkurs an; am 26. Januar 1903 wurde „Jentzsch & Meerz“ gegründet.

Das vierstöckige Fabrikgebäude befand sich im Hinterhof der Gohliser Str. 36 und wurde im Jahr 1895 von Baumeister Robert Röthig für „E.G.Lochmann & Co.“ entworfen und gebaut(31). Im Erdgeschoss befand sich die Tischlerei, darüber der Montiersaal und in der zweiten Etage eine Dreherei(31). In damaligen Zeitungsartikeln wurde „Jentzsch & Meerz“ als Nachfolgefirma von „E.G.Lochmann & Co.“ vorgestellt(7,9). In einem der Zeitungsartikel hieß es:

„Die Firma Max Jentzsch & Meerz, Leipzig-Gohlis, welche bekanntlich die Fabrikation von E.G. Lochmann & Co. in unveränderter Weise fortführt, kann schon wieder mit einigen wirklich Effekt machenden Neuheiten aufwarten ..."

Ob Max Jentzsch oder Adalbert Meerz bereits bei Lochmann gearbeitet haben, liess sich bisher nicht herausfinden. Zumindest der in Breslau geborene Adalbert Meerz zog im Dezember 1891 von Breslau nach Leipzig (kurz vor der Gründung von Lochmanns Firma). Er war damals 22 Jahre alt(12).

Automaten von „E.G.Lochmann & Co.“ aus den Jahren 1898-1902

Ernst Georg Lochmann baute in seiner Firma neben Musikautomaten, Mikroskopen und Stereokameras auch Spiel- und Unterhaltungsautomaten. Einge dieser Lochmann-Automaten, wie z.B. der Elektrisierautomat „Volta“ oder der Würfelautomat „Monaco“ wurden von „Jentzsch & Meerz“ später unter gleichem Namen weiterentwickelt.  So stellte „Jentzsch & Meerz“ 1904 den „Volta II“ vor(7).

Im selben Jahr brachte „Jentzsch & Meerz“ seine ersten eigenen Geldspielautomaten „Diamant“ und „Brillant“ auf den Markt(7). Ein Jahr später entstand dann der Schießautomat „Triumph“, von welchem 1906 der Nachfolger „Triumph II“ folgte(10,13). Mit dem „Violetta“ wurde 1907 der erste Parfümautomat aus eigener Produktion auf den Markt gebracht.

Die ersten „Jentzsch & Meerz“-Automaten
(Anzeigen von 1904 bis 1910)

Auch auf dem Gebiet der Sprechapparate war „Jentzsch & Meerz“ aktiv. Bereits im Herbst des Gründungsjahres 1903 wurde das „Organophon“ präsentiert(9).

Im Jahr 1910 wurden zur Leipziger Messe von „Jentzsch & Meerz“ neben diversen Kraftmessern, Parfüm- und Elektrisierautomaten auch der neue Geldspielautomat „Erato“ (als wahlweise Geld- oder Gewinnmarkenspiel mit 20,30,40 oder 50 Pfg. Auszahlung im Gewinnfall) und der Zigarrenautomat „Sumatra“ vorgestellt(11). Ebenfalls im Programm der Leipziger Automatenbauer war um 1910 der Würfelautomat „Monaco“(23) und der Fingerschlagautomat „Hansa“(24).

Die „Berliner Automatenprozesse" - 1909

Das Jahr 1909 war ein schlechtes Jahr für die Hersteller von Geldspielautomaten. In den sogenannten „Berliner Automatenprozessen“ wurde ein Großteil der auf dem Markt befindlichen Geldspiel-Automaten verboten. Gutachter sahen die meisten der Geräte als Glücksspiel an und so verschwanden sie aus den Gaststuben und Spielhallen(26). Aber nicht nur in Berlin, sondern auch in den anderen Großstädten Deutschlands verschwanden viele Automaten.


Dabei wurde nicht nur das Spielprinzip vieler Automaten beanstandet, sondern auch deren mangelhafte Konstruktion. Auch strengere steuerliche Vorschriften zur Aufstellung trugen zum Verschwinden der Geräte bei. Inwieweit „Jentzsch & Meerz“ von diesen Urteilen betroffen war, lässt sich nicht sagen, da hierzu bislang noch keine Quellen aufgetaucht sind. Zweifelsohne bedeuteten diese Urteile aber das Aus für viele Automatenbauer.

„Die Fabrikation von Geldspiel-Automaten lag vollständig darnieder aus dem bereits im vorigen Jahre geschilderten Grunde, daß der Gebrauch solcher Automaten als Glücksspiel angesehen und vielfach untersagt ist."

„Eine strenge Prüfung der Berliner Gastwirtschaften auf das Vorhandensein steuerpflichtiger Automaten findet seit einigen Tagen statt. ... Massenhaft werden die Automaten aus den Gastwirtschaften ... entfernt. In erster Linie verzichten die Wirte auf Spielautomaten, selbst wenn diese als Geschicklichkeits-, nicht Glückspiele anerkannt sind. ... Eine schwere Schädigung der Automatenindustrie scheint unvermeidlich."

Kauf der Firma „Reinhard Hoffmann" und neue Fabrikräume - 1911

Alfred-Kästner-Str. 84 (vor 1945: Moltkestraße) - Hier befand sich im Hinterhof die Fabrik ab 1911

Im Jahr 1911 bezog die Firma in der Leipziger Südvorstadt neue Fabrikräume. Dort firmierte man ab sofort unter der Adresse Moltkestraße 84(2). Hier befand sich bis zum Einzug von „Jentzsch & Meerz“ die „Reinhard Hoffmann Automatenfabrik“(28).

Der Leipziger Kaufmann Reinhard Hoffmann war kein Unbekannter auf dem Gebiet des Automatenbaus. Bis 1901 war er Prokurist bei „E.G. Lochmann & Co.“, der Vorgänger-Firma von „Jentzsch & Meerz“. Im Laufe des Jahres gründete er zunächst in der Auenstraße 37 eine eigene mechanische Werkstatt, die dann im darauffolgenden Jahr zur „Reinhard Hoffmann Automatenfabrik“ wurde(28).


In den Jahren 1905 bis 1906 wurde die Moltkestraße ausgebaut und Hoffmanns Firma bezog nach Fertigstellung das Haus in der Moltkestraße 84. Hoffmann baute vor allem neue Waren- und Spielautomaten (Münzschleuder- & Geschicklichkeitsspiele) und meldete hierfür auch zahlreiche Gebrauchsmuster an. Eine Übersicht der von Hoffmann angemeldeten Gebrauchsmuster finden Sie unter Patente. Hoffmann produzierte viele damals sehr beliebte und bekannte Spielautomaten, wie z.B. den „Hopp-Hopp“:

Von der „Reinhard Hoffmann Automatenfabrik“ erfundene bzw. gebaute Automaten

Im Jahr 1911 kaufte „Jentzsch & Meerz“ die Firma „Reinhard Hoffmann Automatenfabrik“ auf und zog in deren Fabrikräume in die Moltkestraße 84. Laut einem Zeitungsartikel führte man das Geschäft und auch die bisherigen Produkte von Hoffmann ab 1. Juli 1911 unter neuer Leitung weiter.

Die damalige Moltkestraße, benannt nach dem preußischen General Hellmuth Graf von Moltke, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in „Alfred-Kästner-Straße” umbenannt(3).

Der „Bajazzo" - 1911

Bajazzo-Automat der „ersten Generation"

Der Bajazzo war ein Kugelfangspiel, welches auf einem im Jahr 1900 angemeldeten Patent von Henry John Gerard Pessers basiert(8).  Unter der Lizenz von Pessers entstand der „Bajazzo“, welcher auf der Leipziger Messe dem Publikum vorgestellt wurde. Eine genaue Datierung der ersten Bajazzo-Automaten ist nicht möglich. In der Fachpresse tauchte das Gerät zum ersten Mal 1907 auf, in einem Artikel über die Messeneuheiten der Leipziger Herbstmesse.

Bislang nahm man an, dass die ersten Bajazzos von „Jentzsch & Meerz“ gebaut wurden. Das kann mittlerweile ausgeschlossen werden. In alten Akten(32) des Polizeipräsidiums in Leipzig zum Thema „Verbot der Glücksspiele“ wurden auch die Bajazzo-Geräte gründlich untersucht.

Dabei musste u.a. Max Jentzsch höchstpersönlich auf der Polizei-Dienststelle aussagen. Durch seine Aussage, welche im Wortlaut in einem Protokoll zu finden ist, lässt sich Folgendes feststellen:

Der Bajazzo wurde ab 1910 von Reinhard Hoffmann vor allem für das Ausland gebaut. Erst nach dem Kauf der Fabrik durch Max Jentzsch (siehe weiter oben), wurde der Bajazzo durch die Firma „Jentzsch & Meerz“  produziert. Außerdem fertigten in dieser Zeit auch mindestens zwei weitere Firmen den Bajazzo an: „Gustav Arndt Automatenfabrik“ und die Firma von Richard Polter.

Der „Bajazzo“ war ohne jeden Zweifel der bekannteste und beliebteste deutsche Spielautomat und wurde bis in die frühen Dreißiger Jahre in vielen unterschiedlichen Ausführungen von dutzenden Firmen im In- und Ausland gebaut.

Mehr zum Bajazzo finden Sie in diesem Artikel.

Inflation und Sprechmaschinenbau - 1920

Die Hyperinflation aufgrund der Reparationszahlungen Deutschlands Anfang der Zwanziger Jahre führte auch zu einer Krise beim Münzautomatenbau für den Deutschen Markt, da es nahezu kein Hartgeld mehr gab, welches als Zahlungsmittel am Automaten geeignet gewesen wäre.


Bei „Jentzsch & Meerz“ widmete man sich nun stärker dem Bereich der „Sprechmaschinen“. Für diese Sparte gab es bei „Jentzsch & Meerz“ eine eigene Abteilung(22), welche die sehr erfolgreichen „Specialophon„-Sprechmaschinen herstellte und weiterentwickelte. Hier gab es sehr wahrscheinlich eine Kooperation mit der Leipziger Firma „Wilhelm Dietrich„, welche das „Specialophon“ erfunden hatte. Im Jahr 1920 stellte man zur Herbstmesse auf einem gemeinsamen Stand aus.(22)

Anzeigen für Specialophon-Sprechmaschinen von „Jentzsch & Meerz" um 1922

Großes Engagement legte man in die Entwicklung elektrischer Sprechmaschinen, die ohne lästiges Kurbeln und störende Geräusche des Uhrwerks auskommen. Bereits 1920 wurde ein Standapparat mit elektrischem Antrieb auf der Leipziger Herbstmesse präsentiert(22). Im Juli des Jahres 1921 meldete die Firma ein weiteres Gebrauchsmuster für eine „Sprechmaschine mit elektrischem Antrieb“ an(17).

Ab 1923 war „Jentzsch & Meerz“ zunächst nur noch unter „Sprech-Maschinen“ in den Branchenverzeichnissen zu finden(6), obwohl weiterhin auch Unterhaltungsautomaten angeboten wurden. Neben dem „Specialophon“ entwickelte man auch Zubehör wie z.B. Schalldosen, Elektromotoren, Plattenteller und Präzisionslaufwerke nach dem „Schweizer System“. Zudem vertrieb „Jentzsch & Meerz“ Laufwerke und Zugfedern unter der firmeneigenen Marke „JEMAL“ aus Sandvik-Stahl (auch bekannt als Schweden-Stahl).

Anzeige für Specialophon und Zubehör um 1922
Anzeige für verschiedene Ausführungen um 1922
„JEMAL"-Laufwerke und Zugfedern, Anzeige von 1925
Anzeige für Elektromotoren um 1927

Mit der Einführung der Rentenmark standen ab 1924 wieder Automaten-taugliche Münzen zur Verfügung und die Produktion von Geldspiel- und Unterhaltungsautomaten wurde wieder verstärkt aufgenommen.

Umzug in die Immelmannstraße - 1925

Im Jahr 1925 verlagerte „Jentzsch & Meerz“ seine Produktions- und Geschäftsräume in die Immelmannstraße 8 in Leipzig-Mockau(4). Im selben Gebäude befanden sich die „Leipziger Orchestrionwerke Paul Lösche” (4,5).

Anzeige Paul Lösche mit Abbildung des Gebäudes 1925
Anzeige von 1927, „Jentzsch & Meerz" war bereits in die Fabrik gezogen
Immelmanstraße 8 mit Gleisanschluss

Der imposante Bau mit eigenem Gleisanschluss wurde Anfang der Zwanziger Jahre errichtet und war Teil des wachsenden Industriekomplexes in Leipzig-Mockau. In einem Zeitungsartikel vom August 1925 hieß es:.

„Max Jentzsch & Meerz sind nach bedeutend größeren und ganz modern eingerichteten Fabrikräumen in Leipzig Mockau, Immelmannstaße 8 (ab Hauptbahnhof in 8 Minuten mit Straßenbahnlinie 1) übergesiedelt und befindet sich dort jetzt auch Kontor sowie der ausgedehnte Mustersaal. ..."(

Als Paul Lösche 1925 verstarb, gingen die Geschäfte auf dessen Sohn Walter Lösche über(5). Im selben Jahr bezogen „Jentzsch & Meerz“ zumindest Teile des Gebäudes. Spätestens als 1930 die „Leipziger Orchestrionwerke Paul Lösche” in den Konkurs gingen, dürfte „Jentzsch & Meerz“ alleiniger Eigentümer des Gebäudes Immelmannstraße 8 gewesen sein. Ob Personal und Maschinen aus der Konkursmasse Lösches von „Jentzsch & Meerz“ übernommen wurden, ist nicht bekannt.

Zum Beginn der Dreißiger Jahre befand sich die Firma „Jentzsch & Meerz“ zweifelsohne auf dem Höhepunkt der Firmengeschichte. Auf über 5.000m2 Produktionsfläche arbeiteten zweitweise mehr als 130 Mitarbeiter am Standort in Leipzig-Mockau. Neben dem deutschen Markt wurde auch verstärkt ins europäische Ausland verkauft. Vor allem in England und Frankreich waren die Geräte der sächsischen Automatenschmiede aufgrund ihrer soliden Konstruktionsweise, hohen Qualität und relativ niedrigen Preise sehr beliebt. 

Messestand zur Leipziger Frühjahrsmesse - 1932

Messestand „Jentzsch & Meerz", 1932
Automaten und Billard-Spiele
„Deutscher Mint-Automat Omega"

Copyright/Quelle: Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, 20202 Leipziger Messeamt (I), Nr. F 12206

Mit freundlicher Genehmigung des Sächsischen Staatsarchiv Leipzig

Das Exportgeschäft

Exportschlager für den englischen Markt waren Ende der Zwanziger Jahre vor allem die Kugelschleuder-Automaten, die sogenannten „Allwins“. „Jentzsch & Meerz“ baute diese Geräte unter verschiedenen Namen, wie z.B. „Allwin-Deluxe“, „Winalot“ oder „Climax“. Äußerlich glichen die Modelle den englischen bzw. französischen Automaten, waren aber technisch gesehen auf einem höheren Niveau. Aufgrund der Spannungen zwischen Deutschland und England nach dem ersten Weltkrieg,  vermied man es aber, „Made in Germany“ bzw. den Firmennamen auf die Geräte zu schreiben. Statt dessen verwendete man den Kunstbegriff „Made in Saxony“(21).
Diese „Saxony-Allwins“ wurden in großen Stückzahlen nach England verkauft. Zuständig für das England-Geschäft von „Jentzsch & Meerz“ ab 1929 war die Agentur „Scott, Adickes & Co., Ltd.“, gegründet von Richard Scott und dem Hamburger Geschäftsmann Alfred W. Adickes, welcher nach dem Krieg Inhaber der Nova Apparate-GmbH in Hamburg war(18).

Richard Scott (links) und Alfred W. Adickes im Jahr 1935
„Elektro" (1929) - Um das deutsche Glücksspielverbot zu umgehen, wurde ein „Allwin Deluxe" mit Elektrisier-Einrichtung versehen

In Deutschland hätte das Spielprinzip der „Allwin“-Automaten keine Zulassung aufgrund des Glücksspiel-Charakters bekommen, deshalb wurden diese Geräte nicht im eigenen Land verkauft. Einzige Ausnahme bildet der „Elektro“ aus dem Jahr 1929.

Hier baute man in einen „Allwin Deluxe“ eine Elektrisier-Einrichtung ein und verkaufte diesen Automaten damit als Dienstleistungsautomaten mit eingebautem Spiel.  Diese Automaten waren sehr erfolgreich und wurden auch für den französischen und englischen Markt entwickelt.

Die JMO-Automaten - 1934

Anfang der Dreißiger Jahre  übernahm Georg Kurt Becker (siehe Angaben zur Person weiter unten),  die Entwicklung neuer Automaten und schuf mit der JMO-Serie (JMO steht für Jentzsch-Mockau, auch „IMO“ geschrieben)  ab 1934 eine ganze Reihe neuer Spielgeräte.
Ab 1930 waren neben den klassischen Wandautomaten auch die aus den USA stammenden „Einarmigen Banditen“ und „Nadelspiele“ sehr beliebt.

Aufgrund der sich immer mehr verschärfenden Gesetzeslage durch die Nationalsozialisten im Bezug auf Glücksspiele und Spiele mit Geldgewinn, stellte man ab 1934 die Produktion um auf reine Unterhaltungsautomaten, wie z.B. das Eishockeyspiel „IMO-Hockey“ oder den Pferderennspiel-Automaten „IMO-Rennen“

verschiedene JMO/IMO-Unterhaltungsautomaten aus den 1930er-Jahren

Im Laufe der Jahre nahm die Firmendichte in der Immelmannstraße immer weiter zu. So war 1937 eine Neuordnung der Hausnummern erforderlich. Dem Gebäude von „Jentzsch & Meerz“ wurde nun die neue Hausnummer 22 zugewiesen. Seit diesem Zeitpunkt war die Fabrik unter der Adresse Immelmannstraße 22 zu finden gewesen.

Kriegsjahre - 1939

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges durften viele für den Automatenbau wichtige Materialien nicht mehr verwendet werden, da sie als kriegswichtige Rohstoffe galten. Damit war eine Weiterführung der Produktion kaum noch möglich und die Anzahl der produzierten Geräte ging drastisch zurück.

Im Frühjahr und Sommer 1944 wurden die großen Industrie- und Verkehrsanlagen Leipzigs durch die 8. US-Luftflotte schwer bombardiert und zerstört. Auch das Fabrikgebäude in der Immelmannstr. 22 wurde durch einen Bombentreffer im Frühjahr 1944 stark beschädigt. Die oberen Etagen des Gebäudes wurden nahezu komplett zerstört.

nach 1945

Mit Kriegsende begannen auch in Leipzig die Aufräumarbeiten. Das Gebäude von „Jentzsch & Meerz“ wurde nicht wieder vollständig aufgebaut und nur notdürftig repariert. An die Produktion von Spiel- und Unterhaltungsautomaten war nach dem Krieg nicht zu denken. Als „Metallwarenfabrik Max Jentzsch & Meerz“ arbeitete man zunächst mit kleiner Belegschaft auf den verbliebenen Maschinen weiter und lieferte verschiedene Metallteile an die Industrie.
Aus der Immelmannstraße wurde nach dem Krieg die Rosenowstraße, die Hausnummern blieben allerdings gleich.


Anfang der 60er Jahre (am 1. Juni 1961) wurde die Firma in die Aufzugswerke BEHA Berger & Hauptmann eingegliedert. Am 9. April 1963 überschrieb Max Jentzsch dem neuen Betrieb sein Grundstück (19). Max Jentzsch starb am 17. Mai 1965.

Nach der Wende 1989 wurde der Betrieb vom Aufzugshersteller Otis übernommen. Heute steht das Gebäude teilweise leer. Im mittleren Bereich haben sich einige kleine Firmen und ein Künstleratelier angesiedelt.

Ehemaliges Firmengebäude „Jentzsch & Meerz", Rosenowstr. 22 (Leipzig), März 2017
Das Gebäude wurde nach dem Bombentreffer nur notdürftig repariert und steht so bis heute.

Die Eigenmarke „JMO“ hat bis zum heutigen Tag überlebt. Das Kürzel wurde von Helmut Jentzsch, dem Sohn von Max Jentzsch, nach dem Krieg in Westdeutschland weiter für Spielautomaten verwendet. Heute ist es Bestandteil der Firma „IMO-Elektronik“ in Bielefeld, die aus der Nachkriegs-Automatenfirma hervorgegangen ist (Link zur Website)(20).

Georg Max Jentzsch

Der Leipziger Kaufmann Georg Max Jentzsch wurde am 9. Februar 1878 geboren. Im Alter von nur 24 Jahren gründete er zusammen mit dem 9 Jahre älteren Mechaniker Adalbert Meerz im Januar 1903 die Firma „Max Jentzsch & Meerz“. 
Max Jentzsch hatte mit seiner Frau Dora Jentzsch, geborene Lünert, einen gemeinsamen Sohn Herbert Max Helmut Jentzsch, welcher nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland noch eine Zeit lang Spielautomaten baute.  Max Jentzsch starb am 17. Mai 1965 in Leipzig im Alter von 87 Jahren.

Georg Max Jentzsch

Adalbert Robert Paul Meerz

Adalbert Meerz wurde am 23. Juli 1869 in Breslau (Preußen) geboren. Nach dem Wehrdienst zog der gelernte Graveur und Mechaniker im Dezember 1891 nach Leipzig-Plagwitz und wohnte dort für die ersten Jahre zur Untermiete. Am 2. Juni 1897 heiratete Adalbert Meerz und hatte mit seiner Frau Clara Augustine Wilhelmine Meerz insgesamt fünf Kinder(14,15).

Meerz war neben Max Jentzsch einer der beiden Gründer der Firma „Max Jentzsch & Meerz“. Doch bereits am Tag der Gründung verzichtete Adalbert Meerz auf seinen Anspruch als Vertreter der Firma. Im Jahr 1908 schied er dann auch krankheitsbedingt(30) als Gesellschafter aus(16), blieb jedoch als Erfinder und Mechaniker der Firma erhalten.
Anfang der Dreißiger Jahre ging Adalbert Meerz in Rente und verstarb am 22. Februar 1940 im Alter von 71 Jahren(14,15).

Anmerkung: Bis heute konnte trotz zahlreicher Kontakte zu lebenden Nachfahren (Enkel, Urenkel, …) von Adalbert Meerz kein Foto seiner Person gefunden werden. Falls hier jemand helfen kann, wäre ich über eine kurze Nachricht sehr dankbar. Auch die Nachfahren von Herrn Meerz würden sich darüber sehr freuen.

Foto gesucht

Georg Kurt Becker

Kurt Becker wurde am 2. März 1884 in Leipzig geboren33 und wohnte in den 30er Jahren in der Kaiserin Augusta Straße 65 II (nach dem Krieg: Richard-Lehmann-Str.). Becker war Betriebsleiter bei „Jentzsch & Meerz“ und ab 1924 Mitinhaber der Firma. An der Entwicklung der IMO-Geräte ab 1934 war er maßgeblich beteiligt. Kurt Becker verstarb vermutlich im Jahr 1943.

Anmerkung: Bis heute konnte trotz zahlreicher Kontakte zu Angehörigen ehemaliger Mitarbeiter auch von Kurt Becker kein Foto seiner Person gefunden werden. Falls hier jemand helfen kann, wäre ich über eine kurze Nachricht sehr dankbar.

 

Foto gesucht

1 Leipziger Adreßbuch, Straßenverzeichnis, 1909, S. 108

2 Leipziger Adreßbuch, Teil III: Handel- und Gewerbetreibende , 1912, S. 5

3 http://www.leipzig-lexikon.de/STRASSEN/04057.htm

4 Leipziger Adreßbuch, Teil II: Straßenverzeichnis , 1926, S. 200

5 https://mfm.uni-leipzig.de/hsm/detail.php?id=55 ( Geschichte der „Leipziger Orchestrionwerke Paul Lösche” )

6 Leipziger Adreßbuch, Teil III: Handel- und Gewerbetreibende , 1923, S. 136

7 LUZ, 1904, Band 11, S. 362

8 Patent GB190023431(A), 21.12.1900

9 LUZ, 1903, Band 10, S. 415

10 LUZ, 1906, Band 13, S. 251

11 LUZ, 1910, Band 17, S. 188

12 Melderegister der Stadt Leipzig, Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Sig. 821

13 ZfI, 1906/1907, S.882

14 Familie Meerz, Melderegister des Polizeipräsidium Leipzig, Sächsisches Staatsarchiv Leipzig

15 Gespräch des Autors mit G. Meerz, Enkel von Adalbert Meerz, Oktober 2016

16 ZfI, 1908-1909, S.515

17 ZfI, 1921-1922, S.1615

18 Coin Slot Magazine, November 1982, S.47ff

19 Gesellschaftervertrag Aufzugswerke BEHA Berger & Hauptmann, 1. Juni 1961

20 Gespräch des Autors mit T. Jentzsch, Enkel von Max Jentzsch, Juni 2016

21 E-Mail-Korrespondenz mit Nicholas Costa, Autor zahlreicher englischsprachiger Sachbücher zum Thema Münzautomaten („Automatic Pleasures: The History of the Coin Machine“, 1988) im November 2016

22 PZ, 1920, S.528

23 PZ, 1910, S.889

24 PZ, 1912, S.971

25 PZ, 1925, S.676

26 PZ, 1911, S.269

27 ZfI, 1910-1911, S.835

28 Leipziger Adreßbuch, Straßenverzeichnis, Personenverzeichnis und Gewerbebetriebe, 1901-1911

29 LUZ, 1904, S.74

30 LUZ, 1908, S.30

31  Krieg, Stefan W.: Industriearchitektur in Leipzig Gohlis, S. 92-95

32 Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Leipzig, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, Nr. PP-V 4018

33 Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Leipzig, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, Nr. PP-V 4018

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